Experimentalbüro e57 mit vive la dictature! auf der UND#4 (Karlsruhe)

> english version here

1. Vive la dictature!
2. andere ausgestellte Projekte: Freie Universität Frankfurt (Der Mordfall Kurt Cobain?, Interferenzmuster und Kunst?), Transshopping, Informationsbüro Afrikanischer Fussball)

Ablauf: szenerie von vive la dictature!

Vive la dictature! besteht aus einem zugrunde liegenden Plot, einer sich entwickelnden Kollektion von Elementen (Objekte, Charaktere, Metaphern, Abstraktionen) und einem bestimmten Kommunikationsablauf zwischen diesen bzw. den verschiedenen beteiligten KünstlerInnen.

Ein zentrales Element ist, dass die beteiligte Künstlerinnnen Künstler Aspekte oder Elemente aus dem Plot bekommen als Ausgangsmaterial für eine eigene Interpretationen, eigene Werke. Diese fliessen dann wieder in den Plot, werden durch ihn presentiert, verändern ihn dynamisch, oder starten gar einen neuen Thread abseits des ursprünglichen. Die inszenierende Seite muss den Plot mit dem entstandenen Impuls neu interpretieren.

Es entsteht ein kreatives Spannungsfeld, zwischen zwei unterschiedlichen Perspektiven auf denselben Vorgang: Auf der einen Seite die KünstlerIn, die selbstbestimmend aus etwas 'kreiert', 'schöpft', 'erschafft', 'gestaltet'. Auf der anderen Seite eine Art Architektur die sie durch einen Input programmiert, manipuliert,
Diese beiden Perspektiven spielen nun gegeneinander wie in einem Tennisspiel, da sich die individuelle KünstlerIn einer zwangsläufigen Logik des Auftrags entzieht, ein wahrscheinlich doch überraschendes, ja fast unerwünschtes Ergebnis liefert. (Dieses muss nicht absichtlich erfolgen sondern wird schon durch das Kommunikationsdesign automatisch provoziert)
Dieses Ergebnis konfrontiert nun die inszenierende Perspektive wieder mit der Situation eines Inputs, aus der Re-Interpretationen und Re-Inszenierungen notwendig werden. Aus der Rolle der Programmierenden ist nun ebenfalls wieder eine mit einer Situation konfrontierte KünstlerIn geworden, die Rollen sind praktisch vertauscht.

Auf diese Art ist auch das möglicherweise hierarchische Element einer RegisseurIn aufgelöst, tatsächlich kann die/der Inszenierende sogar wechseln, wie vive la dictature! auf der UND#4 gezeigt und praktiziert hat.

zunächst: Hintergrund: Ausgangspunkt: szenerie von vive la dictature!

vive la dictature! ist eine welt, die von einem mächtigen modekonzern bestimmt wird welcher über fusionen und aufkäufe ein wirtschaftliches und politisches quasi-monopol errichtet hat.
die diktatur h+m ('h plus m') kommuniziert dabei eine philosphie des sorgenden und wohlwollenden familienoberhauptes und eine kultur des schönen, billig für möglichst alle, und der omnipresenten beschäftigung des bewusstseins der bewohnerinnen mit der auswahl zwischen all den schönen und immer neuen dingen die produziert werden.

eine kleine gruppe fühlt sich unwohl bei der idee, dass das bewusstsein der menschen von einem konzern geschult und bestimmt werden soll und versucht das system mit subversiven aktionen und designs zu destabilisieren, wobei der verdacht besteht, die diktatur selbst instrumentalisiere sie als inspiration zu ihrer eigenen revitalisierung.

die schöne welt ist geprägt von den farben und dem symbol der diktatur: das herz, ein wichtiges element, ist trademark der diktatur h+m und die primären CI farben sind weiss als basis für ein rot, dass etwa so zwischen kirsch- und purpurrot angesiedelt ist und auch etwas variiert.

einige elemente sind 'charaktere', die sich entwickeln und im raum zu objekten und installationen positionieren und so persönlichkeit annehmen, dargestellt von puppen, in der form ikonisierter bilder einiger schauspielerinnen, von einer tanzenden figur u.ä..

auffällig ist ebenfalls, dass männliche wesen in der welt der diktatur nur verschlüsselt oder gar implizit vorhanden scheinen, wie zum beispiel in der form eines auf hundegrösse geschrumpften und roboterähnlich um liebe bettelnden hasen (kaninchens?) oder abgeleitet aus haltungen und verhaltensweisen der bewohnerinnen.

auf einer abstrakteren ebene ist ein weiteres element bzw. ausgangspunkt eine widersprüchlichkeit, eine gleichzeitigkeit von unterschiedlichen bedeutungen durch oder bei unterschiedlichen perspektiven, details die gleichzeitig in unterschiedliche oder gar entgegengesetzte richtungen deuten und auf der eindimensionalen ebene (z.B. von gut und schlecht) nicht mehr aufzulösen sind.

vive la dictature! auf der UND#4

Jörg Obernolte erhält auf der UND#4 die bestehende Vive la dictature! Welt aus dem e57 als Material und verbaut sie zu einer Re-Inszenierung mit völlig anderem Unterton.




Die idyllische von der Diktatur eines Modekonzerns behütete Welt weiblicher Wesen, wie sie mit denselben Objekten zuvor in Frankfurt von Ifuz Net inszeniert war, wird so nun auf der UND zu einer verstörenden wie destabilisierenden Umgebung, in der die 'Charaktere' und Objekte geänderte Wirkung und Bedeutung bekommen.

Eva, Ikone der Bewohnerinnen, die in ihrem berühmten Bild mit dem bettelnden Hasen in unzähligen Varianten von KünstlerInnen der Diktatur verarbeitet wurde, wurde an die Aussenwand verbannt.

 

 


Ihre Abwesenheit wird das Lebensgefühl der Bewohnerinnen genauso destabilisieren wie die plötzliche Anwesenheit eines zentralen männlichen Auges oder bedrohlicher Zeichen, die aus dem spielerischen modischen Kontext heraustreten und ernst, real bedrohlich für die bewohnenden Figuren wirken.

Die Neu-Inszenierung ist in einzelne Objektcollagen und -zusammenstellungen zerlegbar, welche aus Werken verschiedener an Vive la dictature! beteiligter KünstlerInnen bestehen. Sie funktionieren nun mehrfach: auf der Ebene der Gesamt-Inszenierung, als einzelne Blöcke, und auch als Moment einer Geschichte.








Ebenfalls gibt es ja weiter die einzelnen Werke, die durch den Collagencharakter und die Kombination mit parallel verwendeten simplen Requisiten entwertet scheinen, aber anders präsentiert nach wie vor wirken würden.

Dieselben Charakter die im Ausgangs-Kontext noch selbstbewusst mit der ihr gegebenen Umwelt spielend und experimentierend wirkten, erscheinen nun klein, zerbrechlich, bedroht, misshandelt. Oder einfach verwendet. Sie werden benutzt, ihr scheinbares Agieren ist allenfalls noch als Reagieren entlarvt, jetzt auch in ihrer subjektiven Perspektive.


Ein Teil hat den Raum verlassen in ein 'Image from Krypton'. Ein anderer Teil hat sich im Laufe des Aufbaus wieder hineinbegeben.

Die goldenen Plattenspieler, die Bühnen experimenteller Spielereien der Bewohnerinnen, sind völlig in eine Art Altar ausserhalb des Raumes überführt worden, Goldklumpen exponierend und unerreichbar für die ehemaligen '1-Day-Stars'.





Im Raum zentral tanzt Jasmina Causevic im Video u.a. von Jasmina, Ifuz, Lisa Feld ihre Diktator(In)-Choreographie.
LINK,

Diesen Schrecken hinterlassend konfrontiert Jörg Obernolte nun Ifuz Net, mit der Aufgabe, noch Elemente weiterer beteiligter KünstlerInnen hinzu- bzw. umzupositionieren.

So rückt im Laufe der UND#4 das Bild von Andreas Diefenbach in immer zentralere Positionen, so als ob in ihm eine verdichtete Aussage zu suchen ist.

Weitere Videos mit Eva / Rosibug Subversif, Ana Paula werden ebenfalls gezeigt.

LINK

Ein 3x4m grosses Riesenkaninchen von Natalie Wild aus Bremen droht als Mutation des einstmals kleinen bettelnden Kaninchens (Hasen?) aus dem Ikonenbild mit Eva das Vakuum zu füllen und die teilweise scheinbar zu Ramsch verkommenen Kunstwerke und Charaktere einfach aufzufressen. Eine Nachricht? Ein Gerücht?

Gleichzeitig wird ein neues Kind dieser Ausgangsposition geboren, welches später mal in einer Fernsehserie zum Rollenmodell von frühem Wildwuchs nachlässig unterschätzter Orientierungen werden wird:


Die mysteriöse Figur sortiert den Raum gen Abbau neu und positioniert sich dabei auch veränderungswirksam zum Auge.



Auch 'Labelfucked' von Isabel Ott fängt an, zunehmend zu agieren, scheint dabei aber von Stewie Griffin als Verbündete ausersehen und zu steuern versucht zu sein.





Die Werke von Ghökan Erdogan werden von Anfang an separat präsentiert. Sie sind sowohl mit vive la dictature! verbunden als auch mit dem Interferenzmuster-Projekt der FUFF.

 

Experimentalbüro e57 UND#4 (Karlsruhe): weitere ausgestellte Projekte


Die anderen ausgestellten Projekte waren in einem etwas abgetrennten Bereich untergebracht.
the other projects were exhibited a little separated from the main vive la dictature! area.

Am Eingang des e57 Areals schockiert schon Heinz Brillof die BesucherInnen mit seinem Geständnis zum Fall Kurt Cobain (s.u.).
At the entrace to the e57 area Heinz Brillof shocks the visitors with his claim in the Kurt Cobain case (see below).


1. Freie Universität Frankfurt


Das Experiment Freie Universität Frankfurt wurde mit Ergebnissen aus zwei Studienprojekten gezeigt:

1a. FUFF: Der Mordfall Kurt Cobain?

Um den Tod von Kurt Cobain ranken sich, wie nicht anders zu erwarten, Varianten einer Verschwörungstheorie, die Mord, nicht Selbstmord, im April 1994 als Ursache des Zustandswechsels des Popstars sehen will.

Als Forschungsgruppe an der FUFF registriert hat sich eine Untersuchungskommission gebildet, die die Frage Der Mordfall Kurt Cobain? auf zwei Arten untersucht:

Neben der Aufarbeitung des konkreten Kriminalfalles und der metaphorischen Auslegung aus Perspektiven verschiedenster Domänen, stellen verschiedene Künstler Werke vor, die alle mit 'I killed Kurt Cobain' betitelt sind und so unterschiedliche metaphorische Perspektiven für die reflektierende Kommission schaffen

Neben einigen Fakten aus dem 'sachlichen' Zweig der Untersuchungskommission waren ein paar der mit 'I Killed Kurt Cobain' betitelten Werke zu sehen.

Jörg Obernolte 'I killed Kurt Cobain' storybook + some more

FUFF->The murder of Kurt Cobain ->
Isabel Ott 'I killed Kurt Cobain'

Heinz Brillof, einer von Isabel Ott's berühmten Wolpertingern ist der Tat nach dieser Selbstbezichtigung dringend verdächtig.



1b. FUFF: Interferenzmuster, Doppelspalt-Experiment und Kunst?

Das Projekt dient als Ausgangspunkt für künstlerische Arbeiten.

Techniken und Betrachtungsweisen werden ausgetauscht und weiterentwickelt.

Arbeiten von Ifuz Net u.a. aus der Studiengruppe mit verschiedenen Techniken.

Exponiert gezeigt die Arbeiten von Ghoekan Erdogan. Er hatte als Input einige Bilder / Charaktäre aus vive la dictature!, die er fokussiert hat und aus denen er unter der Perspektive von Interferenzmustertechniken und seiner eigenen aufwändigen Schleiftechniken Studien herausgearbeitet hat.



2. Transshopping

Ein kleines Segment mit Beschreibung und Beispielen zu Transshopping, das Einkaufsexperiment.
Auf http://www.transshopping.org finden sich Informationen, u.a TV-Berichte

3. Informationsbüro Afrikanischer Fussball

Ein kleines Highlight war das wahrscheinlich erste Public Viewing / Live-Streaming eines wichtigen Fussballspiels aus Afrika (Elfenbeinküste) auf einer bedeutenden deutschen Kunstmesse.
Besonders intensiv das Finale des 'CHAN' (African Nations Championship), welches selbst wiederum mit einer unglaublichen Tanzperformance einer afrikanischen Künstlergruppe eröffnet wurde.

LATER: LINK-VIDEO-SEQUENCES

other picts:

IFUZ NET



MARCUSE





VERWIRRUNG


 

Experimentalbüro e57

e57 aktuelles Programm, Zeiten, Wo?
Informationen und Links zu einzelnen Projekten wie Transshopping, Vive la dictature! usw..
Details zum Experimentalbüro

impressions from the viveladictature! world as happy and idyllic as it had been build in Frankfurt (as arranged by la dictature and Ifuz Net)